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Zitat
Personenbezogenes Grabmal
Die Form des Grabmales, seine Inschriften, Symbole und Zeichen lassen das Grabmal zu einem individuellen Denkmal werden; sind sie alle auf eine einzige Person bezogen, spricht man von einem "personenbezogenen Grabmal". In ihm können sich die Lebenswirklichkeit, der Lebensweg, die Art des Todes und die Einstellung zum Tod des Verstorbenen spiegeln. Ein solch ganzheitliches Denkmal stellt an den Auftraggeber wie den Ausführenden höchste gestalterische Ansprüche. Derart personenbezogene Grabmale eignen sich ausschließlich für einstellige Gräber, da sie für eine Nachbestattung keinen geistigen Raum bieten.
Der Grundgedanke des personenbezogenen Grabmals ist dennoch hilfreich, will man die Gleichförmigkeit und die Ausdruckslosigkeit gleichgestaltiger Massengrabmale überwinden. Denn jeder Mensch ist im Leben wie im Sterben ein unverwechselbares Original. Das personenbezogene Grabmal kann dabei zwei Aufgaben erfüllen: Zum einen ermöglicht es ein angemessenes Erinnern, Gedenken und Würdigen der Person des Verstorbenen. Zum anderen kann es Anlaß sein, über das eigene Leben und die eigene Einstellung zum Tode nachzudenken. Dieses Nachdenken kann eine Chance sein, das Leben als Geschenk zu begreifen, die noch verbleibende Zeit bewußter anzunehmen, zu gestalten, zu leben und alle Möglichkeiten auszuschöpfen.
Damit sind die gedanklichen Anforderungen an ein Grabmal kurz beschrieben, die ohne Engführung auch auf Grabstätten zu übertragen sind, die mehr als nur eine Person aufnehmen sollen. Ihre Gestaltung läßt Spielräume offen.
Unter faktenbezogen kann eine Gestaltung verstanden werden, die auf den Beruf, das Hobby oder eine bestimmte Vorliebe des Verstorbenen abzielt. Eine solche Gestaltung kann indes nur befürwortet werden, wenn beispielsweise der Satz zutrifft, sein Beruf, sein Hobby war sein Leben. Kann aber tatsächlich ein Lebenselement bestimmend für die ganze Person sein?
Vor faktenbezogenen Grabmalen, die sich auf die Todesart des Verstorbenen (etwa Unfall oder Selbstmord) beziehen, sei ausdrücklich gewarnt, da sie ein schreckliches, schwer zu verarbeitendes Geschehen über Jahre bzw. Jahrzehnte unvergänglich festhalten.
Das haltungs- (Personen-) bezogene Grabmal
Von den faktenbezogenen Grabmalen sind jene zu unterscheiden, die nicht auf äußere Fakten Bezug nehmen, sondern auf innere Haltungen und Einstellungen des Verstorbenen verweisen, die Aussagen über dessen Glauben und Weltbild, dessen Lebens- und Todesverständnis treffen. Solche weitergehende Grabmale sind haltungsbezogen zu nennen. In ihrer Eigenart, inhaltliche Aussagen zu treffen, können haltungsbezogene Grabmale nicht nur Hinweise auf die Person des Verstorbenen geben, sondern auch Denkanstöße für die Lebenden bieten.
Traditionell haltungsbezogen sind bzw. waren alle christlichen Grabmale, die sich durch Symbol und Inschrift als Glaubenszeugnisse zu verstehen geben. Schwieriger sind haltungsbezogene Grabmale mit einem säkularen Sinngehalt zu entwerfen. Hier lassen sich möglicherweise allgemeinmenschliche Ideen ausdrücken, so etwa die Ideale von Solidarirät, Nächstenliebe, Hilfsbereitschaft, Selbstlosigkeit, Sorge um die Nächsten und Angehörigen, gegebenenfalls vielleicht aber auch menschlich-immanente Zielsetzungen, wie Gewinnstreben, Durchsetzungsvermögen, Glaube an die Vernunft, Suche nach Erkenntnis usw. In bezug auf den Tod können die Ideen der Wiedergeburt, des Naturkreislaufes oder der materiellen Existenz dargestellt werden. Auch der Tod als Ende jeglicher Existenz kann natürlich gestalterisch umgesetzt werden. Schließlich darf der Tod des anderen als Anlaß eigener Lebensreflexion in die Grabmalgestaltung einfließen. Im Gegensatz zum faktenbezogenen Grabmal, das sich immer auf den Verstorbenen bezieht, kann sich das haltungsbezogene Grabmal auf die Einstellung des Toten und/oder des Hinterbliebenen beziehen.
Das individuelle Grabmal
Grundsätzlich ist das Anliegen eines personenbezogenen, individuell gestalteten Grabmals zu begrüßen. Konsequent in der Weise entwickelte Grabzeichen neigen allerdings auch dazu, sich sehr deutlich von der Gemeinschaft der Grabmale abzuheben, und möglicherweise stören sie dann den Gedanken vom Friedhof als Gemeinschaftsanlage. Hier kann nur der ständige Ausgleich zwischen Individualität und Gemeinschaftssinn angemahnt werden, eine Forderung, die Fingerspitzengefühl erfordert. Und Individualität kann sich auch in kleinen Dingen ausdrücken.
(aus: "Friedhof und Denkmal", 11/99, Hrsg. Arbeitsgemeinschft Friedhof und Denkmal e. V., Kassel)
zuletzt bearbeitet 06.10.2011 08:40 |
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